Jazzclub in der Höxberg-Mühle

 

Beckum (scl). Historisches Schmuckstück und Beckumer Wahrzeichen: Wer kennt sie nicht, die weithin sichtbare Mühle auf dem Höxberg. Dass hier jedoch in früheren Zeiten keineswegs nur Korn gemahlen, sondern auch heißer Jazz produziert wurde, hat die Geschichtswerkstatt des Heimatvereins herausgefunden.


Der Tipp kam von einem Protagonisten der Anfang der 1960er-Jahre jungen Musikszene, Hans-Jürgen Neumeister. Er erinnert sich: „In meiner Lehre als Baustoffprüfer von 1960 bis 1963 lernte ich Klaus Wittkamp in der Berufsschule in Dortmund kennen und hörte erstmals von ihm, dass er Musik, und zwar Jazz in einer eigenen Band macht.“ Außerdem erfuhr Neumeister bei der Gelegenheit, dass Wittkamp zusammen mit Roman Ahrens, den beiden Sütfeld-Brüdern Hans und Rainer, Bernd (Natz) Weber sowie Percy Heeße einen Jazzclub gründet. Und dass es bereits ein Clubheim gibt, in dem demnächst geübt und gefeiert werden kann.


Besagtes Clubheim stellte Hermann Nettebrock etwa 1961 zunächst kostenlos zur Verfügung, und zwar in Gestalt der Windmühle, die über Jahre hinweg immer mehr zu verfallen drohte. Für die Nutzung des historischen Gemäuers hatten die Jazzer allerdings eine Bedingung zu erfüllen. Die Mühle musste entrümpelt werden, zudem hatte sich der Club in Gründung um die Abdichtung des Dachs, den Austausch der verfaulten Fußbodenbretter und Treppenstufen sowie den Ersatz der kaputten Fensterscheiben zu kümmern. Wobei Hausherr Nettebrock das Erdgeschoss weiterhin für seine landwirtschaftlichen Fuhrwerke nutzte und nur die oberen Geschosse dem Club zur Verfügung standen.


„Also hieß es an jedem Samstag – und oft auch unter der Woche – mit allen zur Verfügung stehenden Händen die Arbeit zu bewältigen“, berichtet Neumeister. „Hämmer, Kneifzangen, Sägen und anderes geeignetes Werkzeug brachte jeder von zu Hause mit – falls vorhanden. Derweil häufte sich draußen der Schutt.“
Als Fan der Jazz-Musik, die damals hauptsächlich Dixieland bedeutete, bat Neumeister darum, mitmachen zu dürfen. Er durfte – und so sägten und hämmerten die ambitionierten Musiker um die Wette. „Wie schön, dass damals noch keine Behörde nach Sicherheitsstandards oder erforderlichen Toiletten fragte“, blickt Neumeister schmunzelnd zurück. Musikalisch kam er übrigens nicht so recht zum Zuge. Die Trompete in der Band war bereits besetzt und mit dem offerierten viersaitigen Banjo konnte er sich nie anfreunden.
Jedenfalls war eines Tages ohne amtliche Beeinträchtigung der letzte Nagel eingeschlagen, sodass die Einweihungsfete stattfinden konnte. Die Band mit dem anspruchsvollen Namen „Les Existentialistes de Jazz du Beckum“ lud mit einem ersten Plakat an einem Samstag dazu ein, und das Publikum strömte von überall herbei.
Derartige Feten sollten sich in unregelmäßigen Abständen wiederholen.

Der Jazzclub trat auch   in Münster auf, da einige Bandmitglieder in Münster studierten.

Rund zehn Jahre, so erinnert sich der mittlerweile 97-jährige Hermann Nettebrock, blieb die Mühle Zentrum der Beckumer Jazz-Szene. Und lockte Musikfreunde von weither an.

 

Quelle: Die Glocke

 

Aus der Zeit sind einige Blder in dem Youtube-Video zusehen:  https://youtu.be/2zCc5Aqu-y4